Flugplatz Neuruppin | Neuruppin
Allgegenwärtige Belastung
Wer baute hier?
Preußen und das Deutsche Reich
Wann wurde gebaut?
Größtenteils Ende des 19. Jahrhunderts
Wer nutzte den Ort?
Verschiedene Militäreinheiten verschiedener Armeen
Fliegerasse
Der Flugplatz wurde während des Ersten Weltkrieges 1916 angelegt, während der Zeit der Weimarer Republik wurde das Gelände für Arme-Leute-Quartiere und Gärten genutzt. Ab 1934 erfolgte der Aufbau eines militärischen Stützpunktes durch die Wehrmacht, die hier eine Flugstaffel stationierte. Die in den 1930er Jahren errichteten Kasernen wurden nach hochdekorierten Kampfpiloten („Fliegerassen“) aus dem Ersten Weltkrieg benannt. In diesem Fall handelte es sich um den kurz vor Kriegsende an der „spanischen Grippe“ gestorbenen Oberleutnant Fritz Otto Bernert, unter dessen Namen auf der Steintafel seine „Luftsiege“ vermerkt waren.
Namensgeber
In den ersten Jahren des Zweiten Weltkriegs wurden einzelne Straßen auf dem Gelände der Flugschule in Neuruppin nach getöteten Kampfpiloten benannt – wie der Großmannweg. Diese Straße existiert heute nicht mehr.
Neuruppin unter sowjetischer Aufsicht
1945 wurde die Stadt kampflos an die sowjetische Armee übergeben. Diese unterhielt bis 1990 in Neuruppin einen der größten Standorte ihrer Westtruppe. Auf Geheiß der sowjetischen Besatzungsarmee verkündete der Neuruppiner Bürgermeister am 2. Mai 1945, dass das zivile Leben wieder in Gang zu setzen sei. Zugleich wurde eine Ausgangssperre für die Zeit von 21 Uhr bis 5 Uhr verhängt, Schusswaffen und Munition waren abzugeben. Auch Radios wurden eingezogen: Man solle diese aber gut lesbar namentlich kennzeichnen, da sie später zurückgegeben würden.
Dolmetscher im Frieden wie im Krieg
Das Deutsch-Russische Wörterbuch wurde 1940 in Deutschland verlegt. Aufgeführt sind Redewendungen wie „Hände hoch!“. Gedacht war es für den Einsatz im Feldzug gegen die Sowjetunion, nun brauchten es die Deutschen, um sich mit der sowjetischen Besatzungsmacht zu verständigen.
Betreten verboten
Ein Teil der Innenstadt Neuruppins war für die Bürgerinnen und Bürger nach 1945 nicht mehr zugänglich: Die Weststreitkräfte der sowjetischen Armee beanspruchten große Areale für sich und ihre Familien. Wie viele Soldaten genau in und bei Neuruppin stationiert waren, ist unbekannt, aber sie gehörten unverzichtbar zum Straßenbild. Persönliche Kontakte gab es jedoch kaum.
Als Einschränkung der Lebensqualität wurde vor allem der Fluglärm der Militärmaschinen empfunden. Bei Starts und Landungen mussten Beerdigungen und Schulunterricht wegen des ohrenbetäubenden Lärms unterbrochen werden. Schilder mit Aufschriften wie „Halt – Sperrgebiet!“ waren in Neuruppin allgegenwärtig. Da militärische Objekte nicht fotografiert werden durften, gibt es sehr wenig Dokumentationsmaterial der absperrenden Mauern und Holzzäune. In der Erinnerung werden sie jedoch als stadtbild-prägend beschrieben.
Unbeliebte Verkehrsteilnehmer
Dieses Heft gelangte nach dem Abzug der sowjetischen Truppen in den 1990er Jahren als Fundstück ins Museum Neuruppin. Ungeachtet solcher „Hilfen“ blieben die sowjetischen Militärfahrzeuge unbeliebte (teils gefürchtete) Verkehrsteilnehmer.
Sowjetische Spuren
Vieles blieb beim Abzug der sowjetischen Truppen zurück – so auch dieses Kennzeichen eines sowjetischen Militärfahrzeugs.
Beweismaterial
Auf dem verlassenen Gelände blieb auch dieses Käppi eines Soldaten zurück. Heute gehört es zu den wenigen originalen Objekten, die die Besatzung belegen.
Freundschaften
Die „Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft“ hatte Ende der 1980er Jahre über sechs Millionen Mitglieder – nur die Einheitsgewerkschaft FDGB hatte mehr. 1949 vor allem gegründet, um Vorurteile gegenüber der sowjetischen Besatzungsmacht entgegenzuwirken, ging es immer stärker auch darum, Wissen über die Sowjetunion zu vermitteln. Es blieb meist bei ritualisierten Freundschaftsbekundungen.
Tauschgeschäfte
Häufig beschränkten sich die Beziehungen zwischen deutschen Zivilisten und sowjetischen Soldaten auf den geschäftlichen Bereich: Die Soldaten tauschten heiß begehrte Waren – wie etwa Unterhaltungstechnik – gegen Schnaps. Das gezeigte Radio gelangte auf diesem Wege in den Besitz eines Neuruppiner Bürgers.
Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen erfolgten umfangreiche Konversionen von ehemals militärisch genutzten Arealen. Der Flugplatz ist nun u. a. Segelflugplatz und Veranstaltungsort. Die Berliner Morgenpost schreibt am 27. April 1999:
„Pumps statt Knobelbecher. Wo einst russische Soldatenstiefel in Neuruppin die Treppen glattschliffen und die Trillerpfeife den Tagesrhythmus bestimmte, zieht neues Leben ein. Aus den Kasernen in der einstigen Garnisonsstadt Neuruppin werden Bürgereinrichtungen. Die vor 100 Jahren gebaute Friedrich Franz-Kaserne an der Fehrbelliner Straße mausert sich zum Behördenzentrum. […] Aus der früheren GUS-Panzerkaserne wurden ein Technologie- und ein Oberstufenzentrum. Heute büffeln hier Neuruppiner Schüler und Erwachsene für den Beruf bzw. für den Neueinstieg. Die Seekaserne verwandelt sich in eine evangelische Schule, und aus der einstigen Königstorkaserne in der Feldmannstraße wird das neue Domizil für das Neuruppiner Justizzentrum.“
Im Bild: die ehemalige Königstorkaserne.
Autorin: Elke Kimmel