Der Ostsee | Cottbus
Vom Tagebau zum zukünftigen Freizeitparadies
Wer baut hier?
ISSS research | architecture | urbanism, bauchplan ).(landschaftsarchitekten und stadtplaner, Bauherr LEAG
Wann wurde/wird gebaut?
1975 – 2020er
Wer wird den Ort nutzen?
Einwohner und Touristen, (Freizeit-)Sportler
Dörfer müssen weichen
Groß Lieskow, wo einst 540 Menschen lebten, musste 1983 dem Braunkohle-Tagebau weichen. Auch die Orte Tranitz, Klein Lieskow und Lacoma sowie Teile von Schlichow fielen ihm zum Opfer. Die „Neue Presse“ berichtete am 2. Dezember 1982: „Als Unionsfreundin Johanna Richter 1980 Bürgermeisterin wurde, nahm sie ungewöhnliche Pflichten auf sich. Schon längst wusste jeder, der über 800 Einwohner von Groß Lieskow und Klein Lieskow, dass bis 1983 ein Umzug notwendig sein wird, ihre Dörfer der Kohle weichen sollen. […]
So wird jeder, der seinen Platz für die Kohle räumt, ein neues Zuhause finden und – wenn auch andernorts – in der Geborgenheit einer Gemeinschaft die Feste feiern. Eine Dorfchronik wird an ihre frühere Heimstatt erinnern, wenn Groß Lieskow und Klein Lieskow von der Landkarte verschwinden.“
Die Erinnerung verweilt
Die Heiligenstatue gelangte bereits in den 1920er Jahren ans Cottbuser Museum. Als Groß Lieskow aufhörte zu existieren, gehörte sie zu den wichtigen Erinnerungsstücken an das Dorf.
Beeindruckende Maschinerie – vom Arbeitsalltag zur Tourismusattraktion
Der Braunkohletagebau Cottbus Nord, auf dessen Fläche der Ostsee entsteht, wurde zwischen 1975 und 1982 erschlossen. Seit über einem Jahrhundert sind die Tagebaue der Lausitz von riesigen Maschinen geprägt. Ein Beispiel dafür ist die Abraumförderbrücke F60 mit einer Länge von über 500 m. Heute ist sie im Besucherbergwerk Lichterfelde gleichermaßen Magnet für Touristen und Einheimische. Der Abraum, die über der Kohle liegenden Erdschichten, wird abgebaggert und über eine Abraumförderbrücke verkippt bzw. einem Bandlaufwerk zum Bandabsetzer transportiert. Mit dem hier dargestellten Gerät wurde der ankommende Abraum verkippt und damit gleichermaßen die Bergbaufolgelandschaft des Tagebaus modelliert.
Die Vermarktung eines Ortes, den es noch nicht gibt
Lange bevor der erste Wassertropfen eingelassen wurde, begründeten die Initiatoren 2006 die „Ostsee-Festspiele“, die 2020 durch die „Ostseesportspiele“ abgelöst wurden. Der gesamte Prozess der Entstehung des Ostsees wird mit Aussichtsplattformen, Webcams und Internetseiten publikumswirksam gestaltet – der See und die angrenzenden Stadtquartiere entwickeln sich in Echtzeit, immer begleitet von Werbe- und Marketingaktionen. Erste Planungen für den Ostsee begannen um 2001, verbindliche Planung und erste Bauten (Aussichtsturm) erfolgten 2006. Die letzte Braunkohleförderung erfolgte im Dezember 2015, der Bau des Einlaufwerkes begann im Juni 2017. Im April 2019 startete die Flutung des Braunkohlegeländes – ein umstrittener Vorgang, da das dafür notwendige Wasser aus der Spree abgezweigt wird. Die Planung für das angrenzende Cottbuser Hafenquartier wurde 2020 beschlossen. Mitte der 2020er Jahre soll der See vollständig geflutet sein, seine Oberfläche beträgt dann 19 Quadratkilometer, das Areal soll durch eine Seilbahn mit dem Bahnhof verbunden werden.
Autorin: Elke Kimmel
Fußnoten
1): https://cottbuser-ostsee.de/