Marienkirche | Prenzlau

Titelbild des Steckbriefs für Marienkirche | Prenzlau
Stadtmodell Prenzlau, 2006.
Foto: Bernd Choritz. Quelle: Dominikanerkloster Prenzlau.

Eine Kirche mit einer Stadt

Wer baute hier?

Stadt- und Kirchenväter

Wann wurde gebaut?

Ab 1234

Wie lange dauerte der Wiederaufbau?

Von 1970 bis 2020

Beständiger Markt

<p>Beständiger Markt</p>
Markt mit Rathaus und Marienkirche, um 1900.
Quelle: Sammlung Dominikanerkloster Prenzlau. (CC BY-NC-SA 4.0). (2022-09-19). Markt mit Rathaus und Marienkirche, um 1900. URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69555

Bis 1340 entstand unter Einbeziehung des Westwerks einer noch älteren Feldstein-Hallenkirche eine gotische Backsteinkirche mit prächtigem Ostgiebel, die Marienkirche. Der Turmabschluss des Nordturms stammt aus der zweiten Hälfte des 16. Jh., der des Südturms aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert wurde die Marienkirche innen und außen umfassend saniert. In den Jahren vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg veränderte sich die Anmutung des Prenzlauer Marktes, auch Marktberg genannt, über einen längeren Zeitraum kaum.


Trotz ersten Preis – Scharouner Vision bleibt unrealisiert

<p>Trotz ersten Preis – Scharouner Vision bleibt unrealisiert</p>
Stadtplanungsskizzen, 1919.
Quelle: Sammlung Dominikanerkloster Prenzlau. (CC BY-NC-SA 4.0). (2022-09-28). Stadtplanungsskizzen, 1919. URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69553

Hans Scharoun reichte seine Zeichnungen im Rahmen eines 1918 ausgeschriebenen Wettbewerbs „um Entwürfe für die Freilegung der Marienkirche und die Ausgestaltung des Marktplatzes in Prenzlau“ ein. Während Zeitgenossen die „gut märkisch anmutende[n] zweigeschossige[n] Häuser“ als angemessenen Rahmen für die Kirche empfanden, beeinträchtigten die neueren und höheren Gebäude in ihren Augen die Wirkung der Kirche. (Zitate aus dem Zentralblatt für Bauverwaltung, Nr. 250, Juni 1918). Ebenfalls als wenig harmonisch wurde die Anordnung der Denkmale für Wilhelm I., Bismarck und Moltke auf dem Marktplatz empfunden. Scharouns Einreichung wurde mit dem ersten Preis bedacht, jedoch nicht umgesetzt.


Eng bebaut

<p>Eng bebaut</p>
Marienkirche von Westen aus gesehen, vor 1945.
Quelle: Sammlung Dominikanerkloster Prenzlau. (CC BY-NC-SA 4.0). (2022-08-23). Marienkirche von Westen aus gesehen, vor 1945. URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69543

Die weniger stark verbreitete Westansicht der Kirche zeigt, wie nah die Wohnhausbebauung an den Sakralbau heranreicht.


Die Hauptstadt am Uckersee grüßt mit Trümmern und Schutt

<p>Die Hauptstadt am Uckersee grüßt mit Trümmern und Schutt</p>
Westansicht der Marienkirche, nach 1945.
Quelle: Sammlung Dominikanerkloster Prenzlau. (CC BY-NC-SA 4.0). (2022-08-23). Westansicht der Marienkirche, nach 1945. URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69544

Beim Vorrücken der Roten Armee Richtung Westen im April 1945 wurden auch die Marienkirche und die angrenzende Bebauung am Marktberg schwer zerstört. „Prenzlau ist nur noch ein geographischer Begriff“, notierte ein Besucher 1945 seinen Eindruck. In der Neuen Zeit vom 20. Mai 1949 stand zu lesen: „Aus der uckermärkischen Landschaft grüßt uns Prenzlau, die Hauptstadt am Uckersee, mit Ruinen, Trümmern, Schutt, wucherndem Unkraut. Ein Rundgang durch die Stadt ist ein trauriges Erlebnis, eine aufgezwungene Erinnerung an grausige Zeiten. Man vermeint das Krachen der Bomben zu hören und die Brände zu riechen.“


Der besondere Giebel einer Kirche ohne Dach

<p>Der besondere Giebel einer Kirche ohne Dach</p>
Blick auf die Marienkirche von Südosten, nach 1945.
Quelle: Sammlung Dominikanerkloster Prenzlau. (CC BY-NC-SA 4.0). (2022-08-23). Blick auf die Marienkirche von Südosten, nach 1945. URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69550

Das Neue Deutschland schrieb im September 1946, dass kaum ein Haus von den Zerstörungen verschont geblieben sei, der Wiederaufbau jedoch bereits begonnen habe. Sein Wiedersehen mit der Marienkirche beschreibt der Autor: „Dann senkte sich die Straße, und wir sahen vor uns, über die Trümmer der Altstadt emporragend, die St. Marienkirche mit ihrem herrlichen Ostgiebel. Wo finden wir in Norddeutschland eine schönere Filigranarbeit gotischer Baukunst! Er blieb erhalten, dieser Giebel, umflutet von der Morgensonne eines klaren Septembertages. Ergriffen bleiben wir stehen von so viel Schönheit.“ Das Foto zeigt, dass zwar der Giebel unversehrt scheint, der komplette Kirchenraum hinter diesem jedoch fehlt. Die 1970 begonnenen Wiederaufbauarbeiten der Marienkirche zogen sich bis 2020 hin, in ihrem Rahmen wurden auch die 1945 zum Teil geretteten Altarfiguren des spätgotischen Hochaltars von 1512 in einem neu gefertigten Schrein wieder aufgestellt.


Platz nehmen vor der Ostfassade

<p>Platz nehmen vor der Ostfassade</p>
Postkarte Marienkirche, 1983.
Quelle: Dominikanerkloster Prenzlau. (CC BY-NC-SA 4.0). (2022-08-23). Postkarte Marienkirche, 1983. URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69540

1960 erfolgte der Abriss des im Krieg beschädigten Rathauses aus ideologischen Gründen. Der entstandene Platz wurde als zentraler Aufmarschplatz genutzt. Ab 1987 entstanden hier Häuser in Plattenbauweise, die für Wohnungen, Gastronomie und Handel genutzt wurden. Vor der mit einem Absperrzaun gesicherten Ostfassade der Marienkirche entstand ein Aufenthaltsbereich mit Springbrunnen. Der Marktberg blieb bis in die 1980er Jahre hinein unbebaut. Die Sanierungsarbeiten an der Kirche hatten hier möglicherweise bereits begonnen.


Ein Motiv ohne Kontext

<p>Ein Motiv ohne Kontext</p>
Einblattkalender, 1985.
Quelle: Dominikanerkloster Prenzlau. (CC BY-NC-SA 4.0). (2022-08-23). Einblattkalender, 1985. URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69560

Auf Ansichtskarten und Souvenirs erscheint die Marienkirche häufig losgelöst von jedem baulichen Umfeld – als wenn sie in einem parkartigen Gelände stehen würde. Wenig deutet darauf hin, dass sie sich in der Mitte der Stadt befindet. Besonders deutlich ist dies bei dem abgebildeten Einblattkalender für das Jahr 1985.


Prenzlau feiert Geburtstag und blickt in die Vergangenheit

<p>Prenzlau feiert Geburtstag und blickt in die Vergangenheit</p>
Schild, 750-Jahr-Feier von Prenzlau mit Marienkirche, 1984.
Quelle: Sammlung Dominikanerkloster Prenzlau. (CC BY-NC-SA 4.0). (2022-08-23). Schild, 750-Jahr-Feier von Prenzlau mit Marienkirche, 1984. URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69549

Die Metalltafel aus dem Jahr 1984 zeigt den Zustand des Marktplatzes vor den Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg. Als Bild für die 750-jährige Stadtgeschichte wurde der Zustand des Marktberges um 1900 ausgewählt.


Die Umgebung passt sich an

<p>Die Umgebung passt sich an</p>
Stadtmodell Prenzlau, um 1985.
Quelle: Sammlung Dominikanerkloster Prenzlau. (CC BY-NC-SA 4.0). (2022-08-23). Stadtmodell Prenzlau, um 1985. URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69537

Erst Mitte der 1980er Jahre wurden die Brachflächen – teils durch den Abriss des Rathauses entstanden – in der Prenzlauer Innenstadt wieder bebaut. Die Architektur der Neubauten wurde auf die Marienkirche ausgerichtet, wie ein Zeitgenosse in der Neuen Zeit festhielt: „Hier konnten also nur solche Neubauten bestehen, die sich in Beziehung zu den roten Backsteinen des Sakralbaus, seinen hochstrebenden Mauern und Türmen sowie dem stilvollen Gepräge setzen konnten. So erhielt ein Teil der neuen Wohnhäuser eine traditionelle Dachform. An anderen wurde die letzte Platte farbig gestaltet und schräg aufgesetzt, so daß sich der Eindruck eines konventionellen Daches ergibt. Die Fassaden erhielten Elemente mit Klinkersteinen, die gut mit der Backsteinarchitektur des Mittelalters korrespondieren.“ Diese Neubauten sind im Modell hinter der Kirche zu sehen.

Etwa zeitgleich mit dem Umbau erfolgte auch die Umbenennung des Platzes von Ernst-Thälmann-Platz in Langer Markt.


Dank erfolgreicher Bürgerinitiative – Pläne für ein Einkaufscenter werden gestoppt

<p>Dank erfolgreicher Bürgerinitiative – Pläne für ein Einkaufscenter werden gestoppt</p>
Werbemittel der Bürgerinitiative, 2008.
Quelle: Dominikanerkloster Prenzlau. (CC BY-NC-SA 4.0). (2022-09-28). Werbemittel der Bürgerinitiative, 2008. URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69568

Nach dem politischen Umbruch begann auch in Prenzlau eine neue Diskussion darüber, wie die Innenstadt gestaltet werden sollte. Die Meinungen gingen weit auseinander. Während einige den kompletten Rückbau und die Wiederherstellung eines „historischen“ Zentrums anstrebten, waren andere der Meinung, dass die Plattenbauten zu sanieren wären. Deutlich wurde in diesen Jahren, dass neue Planungen nur unter Einbeziehung der Prenzlauer Bürger geschehen sollten.

Ab 2005 nahmen die Auseinandersetzungen über die Bebauung des Marktberges an der Marienkirche an Schärfe zu. Als Alternativen wurden der Bau eines „Marktberg-Centers“ und der Wiederaufbau des historischen Rathauses diskutiert. Der Verein „Wiederaufbau des historischen Rathauses Prenzlau e. V.“ hoffte auf Impulse, wie sie die Dresdner durch den Aufbau der Frauenkirche erreicht hatten. 2007 wurden die in der Endphase der DDR errichteten Plattenbauten abgerissen – ohne dass schon feststand, was an ihrer Stelle entstehen sollte. Die Stadt hielt lange an ihren Planungen fest, ein Einkaufscenter am Marktberg einzurichten. Der Widerstand gegen diese Pläne richtete sich weniger gegen das Erscheinungsbild des Centers als gegen die Idee, damit einem Investor die Gestaltungshoheit zu geben. Die Initiativgruppe „Keine großflächige Marktbergbebauung“ sammelte ab September 2007 Stimmen für ein Bürgerbegehren. Mit Erfolg: Fast 85 Prozent der Prenzlauer stimmten Anfang März 2008 gegen die Pläne der Stadtführung.


Auch auf neuem Marktplatz geht der Blick gen Marienkirche

<p>Auch auf neuem Marktplatz geht der Blick gen Marienkirche</p>
Fotografie Marktplatz mit Blick Marienkirche, nach 2013.
Foto: Tourismusverein Prenzlau

Übergangsweise wurde der Marktplatz in Verbindung mit der Teilnahme an der „Entente Florale“ 2009 begrünt. Nach dem Beginn der Arbeiten an einer neuen Bebauung 2011 wurde der Marktberg 2013 feierlich eröffnet – statt großflächiger Bebauung entschied man sich für eine pavillonartige Struktur – und vertagte die Entscheidung über das langfristige Aussehen des Platzes auf einen späteren Zeitpunkt. Der Platz in seiner jetzigen Gestaltung gibt der riesigen Marienkirche Raum – sie dominiert ihn unstrittig.


Autorin: Elke Kimmel


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