Neues Stadtzentrum | Cottbus

Titelbild des Steckbriefs für Neues Stadtzentrum | Cottbus
Stadtpromenade vom Westen aus gesehen, undatiert.
Foto: Sammlung Stadtmuseum Cottbus

Sozialistische Flaniermeile par excellence

Wer baute hier?

u. a. Klaus Frauendorf (Konsument), Hermann Henselmann und Eberhard Kühn (Hotel Lausitz), Werner Fichte und Hans-Georg Vollmar (Wohnanlage), Jörg Streitparth, Gerd Wessel und Günter Pöschel (Kosmos), Guder, Fichte und Jantke (Pavillons), Gerhard Guder (Fußgängerbrücke), Eberhard Kühn (Stadthalle)

Wann wurde gebaut?

1965 bis Ende der 1970er Jahre

Wer nutzte den Ort?

Einwohner:innen und Tourist:innen, zentrale Shopping- und Ausgehmeile

Der Abriss der noch vorhandenen Altbausubstanz erfolgte 1965. Beim Bau des Ensembles aus dem Kaufhaus „Konsument", dem „Hotel Lausitz“, der Stadthalle, der Milch-Mokka-Eis-Bar „Kosmos“ und der Punkthochhäuser wurden fünf Prozent der Baukosten für Kunst im öffentlichen Raum eingeplant. Die Aufwertung des Gebietes entwickelte sich rapide. 1991 wurde der Denkmalwert des Gebäudeensembles bestätigt, einzelne Gebäude wurden später allerdings dennoch umgenutzt und teils sogar abgerissen. Damit setzte ein Prozess der Abwertung der sozialistischen Flaniermeile ein, deren historischen, funktionalen und sozialen Wert man scheinbar als nicht erhaltenswert einstufte. Derzeit liegen weite Teile des Gebiets brach, was viele in Cottbus erzürnt.

Ein beliebtes Sternchen

<p>Ein beliebtes Sternchen</p>
Milch-Mokka-Eisbar „Kosmos", ca. 1975.
Quelle: Stadtmuseum Cottbus. (2022-09-28). URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/70578

Die 1969 eröffnete Milch – Mokka – Eis-Bar „Kosmos“ – von den Cottbuser:innen liebevoll „Sternchen“ genannt – war weit mehr als ein einfaches Eiscafé: Anfangspunkt von abendlichen Unternehmungen, Drehort und Treffpunkt und Raum für manch private Feier. Der Pavillonbau gab dem sozialistischen Boulevard Flair. Nach 1990 zog dort zunächst ein Spielsalon ein, danach verfiel das Gebäude trotz Denkmalschutz. Dennoch protestierten 2007 viele Cottbuser:innen, als bekannt wurde, dass das „Sternchen“ einem Neubau weichen sollte. Bis heute gibt es vereinzelt Forderungen, den Pavillon auf der seit 2007 existierenden Brache neben dem ehemaligen Standort wieder zu errichten.
Am rechten Bildrand oben ist das „Konsument“-Warenhaus zu sehen, das heute in das „Blechen-Carrée“ einbezogen ist.


Großes Angebot

<p>Großes Angebot</p>
Speisekarte Milch-Mokka-Eisbar, 1981.
Quelle: Sammlung Stadtmuseum Cottbus. (2022-08-11). URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69629

Die Milch-Mokka-Eis-Bar „Kosmos“ öffnete wochentags um 9 und an Sonn-und Feiertagen um zehn Uhr. Bis elf Uhr nachts wurden Gäste mit allem bewirtet, was der Name versprach: Die Tasse Kaffee kostete eine Mark, dazu gab es eine große Kuchenauswahl von der Quarktorte (das Stück zu 95 Pfennig) bis zum Apfelstrudel mit Sahne (für 1,65 Mark). Außerdem jede Menge Eis – Erdbeereistorte (für 1,90 Mark, mit Sahne 70 Pfennig mehr) oder Eismokka für 3,05 Mark. Auch koffeinfreier Kaffee war im Angebot.


Der gerettete Brunnen

<p>Der gerettete Brunnen</p>
Modell des Kugelbrunnens, 1975.
Hersteller: Manfred Vollmert. Quelle: Sammlung Stadtmuseum Cottbus. (2022-04-05). Modell des Kugelbrunnens. URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69632

Der sogenannte Kugelbrunnen stand ab 1977 an der Stadtpromenade. Als einziger von ursprünglich drei Brunnen wurde er vor der Verschrottung gerettet und steht seit 2011 in der Cottbuser Burgstraße. Im Mai 2015 wurde er mutwillig zerstört – nur eine Sammelaktion von Cottbuser Bürgern bewahrte ihn vor der Schrottpresse. Ein Jahr später konnte er umfassend saniert wieder in Betrieb genommen werden.


Der Verfall eines Treffpunkts

<p>Der Verfall eines Treffpunkts</p>
Entwurfszeichnungen „Spinnenbrunnen", 1975.
Zeichnung: Horst Ring. Quelle: Stadtmuseum Cottbus. (2022-04-05). URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69637

1977 wurde der sogenannte Spinnenbrunnen an der Cottbusser Stadtpromenade installiert und sofort als Treffpunkt angenommen. Bereits 1990 sollte der in die Jahre gekommene Brunnen saniert werden, jedoch fehlten die Mittel. Ab 1996 wurden auch die laufenden Wartungsarbeiten eingestellt und der Brunnen verfiel zusehends. Im Zuge der Grundstückserschließung für das Blechen-Carré“ wurde der Brunnen schließlich 2010 abgetragen.


Forum K

<p>Forum K</p>
Plakate des Jugendklubs, 1994.
Quelle: Sammlung Stadtmuseum Cottbus. (2022-04-05). URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69635

Im Gebäude des Konsument-Warenhaus befand sich der über Cottbus hinaus bekannte Jugendklub „Forum K“. Seine Heimat hatte er in der Personalkantine des Warenhauses, die für die Veranstaltungen umgeräumt wurde. In den 1970er und 1980er Jahren trafen sich hier auch die kritischen Jugendlichen der Umgebung.


Der wachsende Konsument

<p>Der wachsende Konsument</p>
Lehrlingskittel Konsument-Warenhaus.
Quelle: Sammlung Stadtmuseum Cottbus. (2022-04-05). URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69638

Das Warenhaus Konsument“ war das erste Gebäude des sozialistischen Stadtzentrums, das 1968 nach zweijähriger Bauzeit eröffnet werden konnte. Nach der Wende wurde es zunächst von der Horten-Kette weiterbetrieben und 1996 vom Kaufhof-Konzern übernommen. Die Verkaufsfläche wurde direkt nach der Wende erheblich vergrößert.


Das zu kleine Hotel

<p>Das zu kleine Hotel</p>
Werbefigur Cottbusser Postkutscher des Hotels Lausitz, 1980.
Quelle: Sammlung Stadtmuseum Cottbus. (2022-05-24). URL: https://brandenburg.museum-digital.de/object/69619

Bereits 1966 lagen erste Entwürfe für das Hotel Lausitz des renommierten Architekten Hermann Henselmann vor. 1970 eröffnete das Hotel an der Stadtpromenade: Es besaß 214 Zimmer und ein modernes Restaurant, das auch von Nicht-Gästen besucht werden konnte. Das Hotel war mit dem angebundenen Intershop außerdem wichtiger Devisenbringer. Nach der Wende schien das Hotel zu klein, denn Cottbus erwartete mit der 1995 ausgerichteten Bundesgartenschau einen gewaltigen Besucheransturm. Das Hotel Lausitz musste einem größeren Neubau und einem Einkaufszentrum weichen. Es wurde im Dezember 1992 abgerissen.


Der Schandfleck

<p>Der Schandfleck</p>
Brache im Cottbuser Stadtzentrum, 2021.
Foto: Elke Kimmel

Pläne zum Abriss des Gesamt-Ensembles für eine innerstädtische Shopping-Mall („Blechen-Carré“) stießen auf scharfe Kritik. Dennoch wurden Pavillons und Fußgängerbrücke (2006) und das „Kosmos“ (2007) mit dem Votum des brandenburgischen Kulturministeriums abgerissen, ebenso „Spinnenbrunnen“ (2010) und „Krebsbrunnen“ (2002). Die Blaue Uhr, die die Fußgängerbrücke zierte, befindet sich heute neben dem Stadtmuseum und Stadtarchiv in der Bahnhofstraße. Der erste Teil des „Blechen-Carrés“ öffnete 2008 – weite Teile des ehemaligen sozialistischen Stadtzentrums liegen auch 2021 brach. Der „Schandfleck“ mitten im Cottbuser Stadtzentrum ärgert viele Bürgerinnen und Bürger, bislang aber ist keine Abhilfe in Sicht. Die am Bauzaun aufgehängten Blumentöpfe kommentieren die Brache ironisch.


Autorin: Elke Kimmel


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