Neues Stadtzentrum | Cottbus
Sozialistische Flaniermeile par excellence
Wer baute hier?
u. a. Klaus Frauendorf (Konsument), Hermann Henselmann und Eberhard Kühn (Hotel Lausitz), Werner Fichte und Hans-Georg Vollmar (Wohnanlage), Jörg Streitparth, Gerd Wessel und Günter Pöschel (Kosmos), Guder, Fichte und Jantke (Pavillons), Gerhard Guder (Fußgängerbrücke), Eberhard Kühn (Stadthalle)
Wann wurde gebaut?
1965 bis Ende der 1970er Jahre
Wer nutzte den Ort?
Einwohner:innen und Tourist:innen, zentrale Shopping- und Ausgehmeile
Ein beliebtes Sternchen
Die 1969 eröffnete Milch – Mokka – Eis-Bar „Kosmos“ – von den Cottbuser:innen liebevoll „Sternchen“ genannt – war weit mehr als ein einfaches Eiscafé: Anfangspunkt von abendlichen Unternehmungen, Drehort und Treffpunkt und Raum für manch private Feier. Der Pavillonbau gab dem sozialistischen Boulevard Flair. Nach 1990 zog dort zunächst ein Spielsalon ein, danach verfiel das Gebäude trotz Denkmalschutz. Dennoch protestierten 2007 viele Cottbuser:innen, als bekannt wurde, dass das „Sternchen“ einem Neubau weichen sollte. Bis heute gibt es vereinzelt Forderungen, den Pavillon auf der seit 2007 existierenden Brache neben dem ehemaligen Standort wieder zu errichten.
Am rechten Bildrand oben ist das „Konsument“-Warenhaus zu sehen, das heute in das „Blechen-Carrée“ einbezogen ist.
Großes Angebot
Die Milch-Mokka-Eis-Bar „Kosmos“ öffnete wochentags um 9 und an Sonn-und Feiertagen um zehn Uhr. Bis elf Uhr nachts wurden Gäste mit allem bewirtet, was der Name versprach: Die Tasse Kaffee kostete eine Mark, dazu gab es eine große Kuchenauswahl von der Quarktorte (das Stück zu 95 Pfennig) bis zum Apfelstrudel mit Sahne (für 1,65 Mark). Außerdem jede Menge Eis – Erdbeereistorte (für 1,90 Mark, mit Sahne 70 Pfennig mehr) oder Eismokka für 3,05 Mark. Auch koffeinfreier Kaffee war im Angebot.
Der gerettete Brunnen
Der sogenannte Kugelbrunnen stand ab 1977 an der Stadtpromenade. Als einziger von ursprünglich drei Brunnen wurde er vor der Verschrottung gerettet und steht seit 2011 in der Cottbuser Burgstraße. Im Mai 2015 wurde er mutwillig zerstört – nur eine Sammelaktion von Cottbuser Bürgern bewahrte ihn vor der Schrottpresse. Ein Jahr später konnte er umfassend saniert wieder in Betrieb genommen werden.
Der Verfall eines Treffpunkts
1977 wurde der sogenannte Spinnenbrunnen an der Cottbusser Stadtpromenade installiert und sofort als Treffpunkt angenommen. Bereits 1990 sollte der in die Jahre gekommene Brunnen saniert werden, jedoch fehlten die Mittel. Ab 1996 wurden auch die laufenden Wartungsarbeiten eingestellt und der Brunnen verfiel zusehends. Im Zuge der Grundstückserschließung für das „Blechen-Carré“ wurde der Brunnen schließlich 2010 abgetragen.
Forum K
Im Gebäude des Konsument-Warenhaus befand sich der über Cottbus hinaus bekannte Jugendklub „Forum K“. Seine Heimat hatte er in der Personalkantine des Warenhauses, die für die Veranstaltungen umgeräumt wurde. In den 1970er und 1980er Jahren trafen sich hier auch die kritischen Jugendlichen der Umgebung.
Der wachsende Konsument
Das Warenhaus „Konsument“ war das erste Gebäude des sozialistischen Stadtzentrums, das 1968 nach zweijähriger Bauzeit eröffnet werden konnte. Nach der Wende wurde es zunächst von der Horten-Kette weiterbetrieben und 1996 vom Kaufhof-Konzern übernommen. Die Verkaufsfläche wurde direkt nach der Wende erheblich vergrößert.
Das zu kleine Hotel
Bereits 1966 lagen erste Entwürfe für das Hotel Lausitz des renommierten Architekten Hermann Henselmann vor. 1970 eröffnete das Hotel an der Stadtpromenade: Es besaß 214 Zimmer und ein modernes Restaurant, das auch von Nicht-Gästen besucht werden konnte. Das Hotel war mit dem angebundenen Intershop außerdem wichtiger Devisenbringer. Nach der Wende schien das Hotel zu klein, denn Cottbus erwartete mit der 1995 ausgerichteten Bundesgartenschau einen gewaltigen Besucheransturm. Das Hotel Lausitz musste einem größeren Neubau und einem Einkaufszentrum weichen. Es wurde im Dezember 1992 abgerissen.
Der Schandfleck
Pläne zum Abriss des Gesamt-Ensembles für eine innerstädtische Shopping-Mall („Blechen-Carré“) stießen auf scharfe Kritik. Dennoch wurden Pavillons und Fußgängerbrücke (2006) und das „Kosmos“ (2007) mit dem Votum des brandenburgischen Kulturministeriums abgerissen, ebenso „Spinnenbrunnen“ (2010) und „Krebsbrunnen“ (2002). Die Blaue Uhr, die die Fußgängerbrücke zierte, befindet sich heute neben dem Stadtmuseum und Stadtarchiv in der Bahnhofstraße. Der erste Teil des „Blechen-Carrés“ öffnete 2008 – weite Teile des ehemaligen sozialistischen Stadtzentrums liegen auch 2021 brach. Der „Schandfleck“ mitten im Cottbuser Stadtzentrum ärgert viele Bürgerinnen und Bürger, bislang aber ist keine Abhilfe in Sicht. Die am Bauzaun aufgehängten Blumentöpfe kommentieren die Brache ironisch.
Autorin: Elke Kimmel