Schloss Charlottenburg | Berlin

Titelbild des Steckbriefs für Schloss Charlottenburg | Berlin
Schloss im Grünen – Der Blick über den Karpfenteich zeigt die herrschaftliche Architektur von Schloss Charlottenburg.
Foto: Axel Mauruszat URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:2003-08-08_Schloss_Charlottenburg.jpg

Ein bürgerliches Schloss

Wer baute hier?

Seit 1699 viele preußische Architekten, Baumeister und Gartenkünstler im Auftrag der preußischen Könige.

Wer verweilte hier?

Zunächst Sommerresidenz der preußischen Könige, war das Schloss zwischen 2004 und 2006 Amtssitz für den Bundespräsidenten.

Wer kommt sonst noch vorbei?

Tourist:innen schauen sich die Räumlichkeiten an, Charlottenburger:innen spazieren im Park.

Im Jahr 1699 zog Königin Sophie Charlotte von Preußen in das Schloss Lietzenburg. Nach Ihrem Tod nannte ihr Gatte das Schloss ihr zu Ehren in Charlottenburg um und gründete die angrenzende, gleichnamige Stadt, den heutigen Berliner Bezirk Charlottenburg. Das Schloss war eine Sommerresidenz der preußischen Königsfamilie. Heute ist das Schloss ein beliebtes Fotomotiv, häufig fotografiert in der Totalen und symmetrisch mit dem Schlossturm als Bildmittelpunkt, sodass die preußische Architekturkunst – eine Mischung aus Barock, Rokoko und Klassizismus – zur Geltung kommt. Seit dem Ende der deutschen Monarchie in der Weimarer Republik, als das Königshaus den Anspruch auf viele seiner Residenzen verlor, ist das Schloss im Besitz einer staatlichen Schlösserstiftung.

Themen der Authentisierung: AufwertungIkonisierungÖffentliche Akteure

Kulisse höfischer Kultur

<p>Kulisse höfischer Kultur</p>
Königin Luise von Preußen im Park von Schloss Charlottenburg. Gemälde unbekannt, 19. Jahrhundert.
URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:K%C3%B6nigin_Luise_in_Charlottenburg.jpg Lizenz: public domain

Oft ließen sich Herrscher:innen vor ihren Besitztümern malen. Auf diesem Gemälde wandelt Luise von Preußen durch den Park vom Schloss Charlottenburg. Der rote Mantel weist sie als preußische Königin aus, die sie von 1797 bis 1810 war. Sie wurde nur 34 Jahre alt, aber Charlottenburg trägt das Andenken der jungen Königin: In einem Mausoleum im Schlosspark wurde sie beigesetzt.


Ein romantisches Schloss

<p>Ein romantisches Schloss</p>
Königliches Schloss Charlottenburg, Gartenseite, 1840.
Gemälde: Carl Daniel Freydanck 1840. URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Schloss_Charlottenburg_Gartenseite-C85.jpg Lizenz: public domain

Carl Daniel Freydank zeichnete 1840 im Auftrag der Königlichen Porzellanmanufaktur das Schloss. Er verzichtete darauf, die Architektur oder die König:innen in den Vordergrund zu setzen. Stattdessen umrahmte er das Gebäude mit den Bäumen und Pflanzen des Schlossgartens. Das ist Ausdruck des Zeitgeistes, der sich von absolutistischen Vorbildern abwandte. Schloss Charlottenburg wurde als romantisch-bürgerlicher Ort dargestellt.


Menschen machen Orte

<p>Menschen machen Orte</p>
Am Schloss Charlottenburg, 1888.
Zeichnung: Hermann Lüders URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Menschen_lesen_das_%C3%A4rztliche_Bulletin_%C3%BCber_das_Befinden_des_Kaisers_Friedrich,_1888.jpg). Lizenz: public domain

Der Illustrator Hermann Lüders zeichnete 1888 eine Straßenszene vor Schloss Charlottenburg. Bürger:innen informierten sich über ein angeschlagenes Bulletin über das Befinden des Kaisers Friedrich III. Durch ihre Mode sind sie als Mitglieder der gehobenen Bürgerschicht erkennbar. Seit dem 17. Jahrhundert war Charlottenburg ein bürgerlicher Ort. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts ließen sich wohlhabende Bürger im Umfeld nieder und flanierten vor dem Schloss.1)


Rettung oder Abriss?

<p>Rettung oder Abriss?</p>
Kriegszerstörung, um 1944.
Foto: Peter Cürlis URL: https://www.zi.fotothek.org//objekte/19002636 Lizenz: CC BY-NC-SA 3.0 DE

Bei Bombenangriffen 1943 war das Schloss getroffen worden und weitgehend ausgebrannt. Die fehlende Turmhaube war ein weit sichtbares Zeichen für die Kriegszerstörungen. Bis heute wird kolportiert, dass Charlottenburg die Nachkriegsjahre nur als Pendant zum Berliner Schloss überstanden hat, das 1950 im Auftrag der SED gesprengt wurde.2) Tatsächlich begann das Bezirksamt bereits 1946 mit Unterstützung der britischen Militäradministration mit Maßnahmen zur Sicherung und Instandsetzung.3)

 


Authentische Zeitschichten

<p>Authentische Zeitschichten</p>
Dr. Margarete Kühn vor der Ruine von Schloss Charlottenburg., 1953.
Foto: Stiftung Preußische Schlößer und Gärten URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Margarete_K%C3%BChn.jpg Lizenz: CC BY-SA 4.0

Beinahe wie die preußischen Herrscher:innen posiert die Direktorin der Schlösserverwaltung Dr. Margarete Kühn 1953 vor dem Schloss. Das Foto zelebriert sie als Visionärin des Wiederaufbaus. Sie hatte nicht den letzten Zustand des Schlosses vor seiner Zerstörung im Sinn. Barock, Rokoko und Klassizismus vom 17. zum 18. Jahrhundert waren für sie die „authentischen“ Zeitschichten, die rekonstruiert werden sollten.4)


Verlorenes Ideal

<p>Verlorenes Ideal</p>
Decke im Weißen Saal mit einer probeweisen Gestaltung der Künstler Hann Trier und Karl Manninger um 1973.
Foto: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg / Fotograf: Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten (1945 - 1995).

Einige Details lösten Auseinandersetzungen um die „richtige“ Rekonstruktion aus. Die Gestaltung der Decke des Weißen Saals beispielsweise war umstritten: Sollte sie als Sinnbild des Verlustes weiß bleiben, möglichst genau rekonstruiert oder modern gestaltet werden? Hann Trier entwarf eine moderne Interpretation des Deckengemäldes. Auf dem Foto ist sein Vorschlag in der hinteren Ecke der Saaldecke zu erkennen. Karl Manninger präsentierte als Barockexperte einen Gegenvorschlag für eine Rekonstruktion, die hier in der Deckenmitte angebracht wurde.


Modern oder alt?

<p>Modern oder alt?</p>
Schaufenster mit dem ausgestellten Entwurf von Karl Manninger für den Weißen Saal. Juli 1968.
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg / Fotograf: Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten (1945 - 1995)

Auf dem Foto ist das Schaufenster vom Modeatelier Werner Machniks auf dem Kurfürstendamm abgebildet, in dem er den Deckenentwurf von Karl Manninger präsentierte. Machnik unterstützte damit die Rekonstruktion des barocken Gemäldes. Die Frage beschäftige viele West-Berliner Bürger:innen. Doch aufgrund fehlender Originalsubstanz und lückenhafter Dokumentation entschied sich die Schlösserverwaltung für die freie Interpretation des ursprünglichen Bildes von Hann Trier. Heute, 50 Jahre später, gilt das Werk von Trier als authentischer Teil des „Gesamtkunstwerks“.


Einmal Gast des Königs sein

<p>Einmal Gast des Königs sein</p>
Gläsernes Schlafgemach, 2012.
Foto: User Anagoria URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:2012-10_Schloss_Charlottenburg_Glaesernes_Schlafgemach_02_anagoria.JPG Lizenz: CC BY 3.0

Für Margarete Kühn gehörte das höfische Leben zur historischen Authentizität des Schlosses.5) Deshalb wurden die Räume im Stile der einstigen „Gemächer“ eingerichtet. Die Besucher:innen sollten ein authentisches Bild vom Leben der preußischen König:innen erhalten und sich wie ein Gast am Hofe fühlen.


Kulisse West-Berliner Kultur

<p>Kulisse West-Berliner Kultur</p>
Modefotografie vor dem Schloss „Verliebt in Berlin“, Berlin 1963.
Foto: © F.C. Gundlach / Stiftung F.C. Gundlach, Hamburg

Mit der Errichtung der Turmkuppel 1957 war der Wiederaufbau abge-schlossen. Herausgeputzt in alter Pracht war das Schloss eine beliebte Fotokulisse. Auf diesem Bild präsentieren Models die aktuelle Mode. Das rekonstruierte Schloss galt als Zeichen des Neuanfangs nach dem Krieg, der auf die Erhaltung kulturellen Erbes setzte.


Auf Entdeckungsreise

<p>Auf Entdeckungsreise</p>
Vor dem Schloss Charlottenburg, 1990.
Foto: User jochims URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berlin_1990_75550011.jpg Lizenz: CC BY-SA 3.0

Nach dem Mauerfall 1989 strömten viele Ost-Berliner:innen in den Westen der Stadt. Beliebte Ausflugsziele waren der Kurfürstendamm, das Kaufhaus des Westens und das Schloss Charlottenburg. Das Schloss versprach ein Geschichtserlebnis, das in Ost-Berlin nach dem Stadtschlossabriss nicht mehr zu haben war.


Museumsgarten oder Volkspark?

<p>Museumsgarten oder Volkspark?</p>
Buttons der Initiative „Rettet des Schloßpark!“ März 2006.
Foto: Kiez-Web-Team Klausenerplatz URL: https://klausenerplatz-kiez.de/interaktiv/galerie/2006-03-18_schlossparkini_bezahlt-wird-nicht/2006_03_18_schlossparkini_bezahlt_wird_nicht_button_09

Der weitläufige Landschaftspark ist ein beliebter Naherholungsort. Um den Garten vor Übernutzung zu schützen, stellte die Schlösserverwaltung eine Nutzungsordnung auf und überlegte im Jahr 2004 Eintrittspreise zu erheben. Dagegen organisierte sich Protest von Anwohner:innen, die den Garten als Volkspark offen halten wollten. Die Eintrittspreise kamen nicht, aber die Nutzungsordnung blieb.6)


Autorinnen: Anna M. Weber, Sabrina Runge

Fußnoten

1): BerlinOnline Stadtportal GmbH & Co. KG (Hg.) o.J., Charlottenburg, URL: https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/ueber-den-bezirk/geschichte/artikel.181126.php (zuletzt abgerufen: 17.02.2023).

2): Hermann Wirth: Schloss Charlottenburg in Berlin. Im Wandel denkmalpflegerischer Auffassungen. Rezensionen, in: Burgen und Schlösser 1/2008, URL: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/bus/article/download/49567/43098, S. 60.

3): SPSG (Hg.); Jule Sophie Christ: Zerstörung. Wiederaufbau? Teil der Online-Ausstellung „StilBRUCH?“, 2022, URL: https://artsandculture.google.com/story/oAUx2O_5cM_jaQ (zuletzt abgerufen: 17.02.2023).

4):Katharina Steudtner: Der Wiederaufbau des Schlosses Charlottenburg in Berlin unter Margarete Kühn – ein gestalterisches Gesamtkunstwerk?, in: Jahrbuch Stiftung Preußische Schlösse rund Gärten Berlin-Brandenburg, Band 7 2005, URL: https://www.academia.edu/download/34771681/steudtner_wiederaufbau.pdf, S. 212.

5): Katharina Steudtner: Der Wiederaufbau des Schlosses Charlottenburg in Berlin unter Margarete Kühn – ein gestalterisches Gesamtkunstwerk?, in: Jahrbuch Stiftung Preußische Schlösse rund Gärten Berlin-Brandenburg, Band 7 2005, S. 212.

6): KiezRadio Klausenerplatz: Interview, URL: https://radio.klausenerplatz-kiez.de/Schlosspark-Initiative (zuletzt abgerufen: 17.02.2023).


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